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Das Fahrrad wird Fahrzeug und digital

Das Fahrrad erreicht mit seiner Elektrifizierung die nächste Evolutionsstufe – Digitalisierung mit und ohne E-Antrieb steigt – Eurobike zeigt die neuen Trends

Die Elektrifizierung des Fahrrads ist in vollem Gange: Von City- über Trekkingräder bis hin zu Mountainbikes – quasi jede Produktgruppe ist längst auch mit Elektroantrieb erhältlich. Auf der Eurobike in Friedrichshafen (30. August bis 2. September 2017), als Spiegel der Fahrradbranche, wird diese Entwicklung immer deutlicher. Doch damit ist dieser Trend noch längst nicht zu Ende. Themenfelder wie Digitalisierung, Connectivity und Big Data rücken zunehmend in den Fokus aller Branchenakteure.


Die Vielfalt der E-Bikes bezieht sich nicht nur auf die Einsatzgebiete. Designer können sich hier nicht zuletzt durch die neuen technischen Elemente am Fahrrad regelrecht austoben. Immer mehr Anbieter erkennen, dass ein E-Bike auch optisch mehr sein kann als ein Fahrrad mit hinzugefügtem Akku und Motor. Auf der kommenden Eurobike werden somit auch ausgefallene Designs zu sehen sein, die nur noch entfernt an ein klassisches Fahrrad erinnern. Systemintegration heißt das Stichwort – und das ist nicht nur optisch gemeint: Alle elektrischen Funktionen des Fahrrads können über eine Bedieneinheit angesteuert werden. Das ist nicht nur technisch möglich, sondern wird auch schon umgesetzt. Die Vernetzung mit dem Smartphone ist natürlich ebenfalls bereits Standard.


Das digitale Fahrrad

Das digitale Fahrrad muss übrigens nicht zwingend ein E-Bike sein. Auch ohne elektrische Antriebsunterstützung ist inzwischen viel Elektronik am Fahrrad möglich. Die Vernetzung von Fahrrädern untereinander, um etwa im Berufsverkehr schneller und sicherer voranzukommen, ist zwar noch Zukunftsmusik, technisch aber durchaus bereits machbar, wie der Technologiekonzern Microsoft bereits auf der letztjährigen Eurobike demonstrierte.

Diese Digitalisierung des Fahrrads und auch der Infrastruktur wird zudem von spezialisierten Dienstleistern mit Know-how nicht nur in der Fahrradbranche, sondern auch in der Softwareentwicklung, mitgestaltet. Dazu gehören junge aufstrebende Unternehmen wie Cobi und Bloks, die sich ganz dem Thema Connectivity beim Fahrrad verschrieben haben. Oder auch das soziale Sportler-Netzwerk Strava, das mit Strava Metro einen eigenen Datendienst betreibt, der die von bei dem Netzwerk registrierten Pendlern auf dem Fahrrad und zu Fuß zurückgelegten Wege sammelt und analysiert. „Strava Metros anonymisierte Daten wie bevorzugte Strecken und Tageszeiten können Städteplanern dabei helfen, Verkehrswege und Verkehrsfluss signifikant zu verbessern und neu zu planen“, erklärt Simon Klima von Strava. Derzeit greifen weltweit bereits Städte mit einer Gesamteinwohnerzahl von 160 Millionen auf die Daten von Strava Metro zu.


Die E-Bike-Hersteller treiben die Vernetzung ebenfalls voran: So setzt der auf S-Pedelecs spezialisierte Schweizer Anbieter Stromer ganz auf das Digital-Bike, das er folgendermaßen definiert: „Es ist intelligent und lernt vom individuellen Fahrverhalten seiner Nutzerinnen und Nutzer. Es altert kaum, indem Innovationen und Updates über die Luft empfangen werden und so eine permanente Erneuerung ermöglichen.“ Ein integrierter Diebstahlschutz, die Lokalisierung des Fahrrads über eine App und die Anbindung an soziale Netzwerke gehören ebenfalls zu einem Digital-Bike.


Welche wirtschaftliche Bedeutung das E-Bike bereits heute hat, lässt sich an den aktuellen Zahlen der Fahrradbranche ablesen. Bei deutschen Fahrradhändlern lag 2016 der Umsatzanteil elektrisch angetriebener Fahrräder laut Verband des Deutschen Zweiradhandels bereits bei 35 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr wurden gemessen in Stückzahlen elf Prozent mehr E-Bikes verkauft. Da sich der Durchschnittspreis für E-Bikes im Fachhandel ebenfalls auf 2500 Euro erhöhte, stieg der Umsatz in diesem Segment sogar um 17 Prozent.


Die niederländische Accell Group, einer der größten Fahrradhersteller Europas mit bekannten deutschen Marken wie Winora, Haibike oder Ghost, erzielte 2016 mit E-Bikes erstmals einen größeren Umsatz als mit herkömmlichen Fahrrädern. Den Umsatz mit sportlichen E-Bikes steigerte der Fahrradhersteller sogar um 70 Prozent zum Vorjahr. Der größte Treiber dieses Umsatzwachstums ist Deutschland.


Produkttrends sind oft nur ein kurzfristiges Phänomen, doch der aktuelle E-Bike-Boom ist mehr als nur ein Strohfeuer. Darin ist sich die Fahrrad-Fachwelt einig. „Die Gesellschaft wandelt sich: Verstädterung, steigendes Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein, demografischer Wandel“, stellt beispielsweise Claus Fleischer, Geschäftsleiter von Bosch eBike Systems, einem der führenden Antriebshersteller für E-Bikes, fest: „Diese Megatrends haben eine starke Wirkung auf unser individuelles und kommerzielles Verhalten. Innovative Technologien, neue Lösungen und entscheidende Verbesserungen bestehender Produkte erleichtern das tägliche Leben spürbar. So hat auch das Fahrrad mit seiner Elektrifizierung die nächste Evolutionsstufe erreicht.“ Fleischer erwartet, dass in Mitteleuropa mittelfristig jedes dritte neu verkaufte Fahrrad ein E-Bike sein wird.


Wie das Fahrrad und E-Bike der Zukunft tatsächlich aussehen wird, lässt sich also bereits erahnen. Mehr als eine Ahnung, sondern vielmehr einen umfassenden Überblick über die Entwicklung im Fahrradmarkt, bietet im kommenden Sommer wieder die Eurobike als weltweit führende Fachmesse der Fahrradbranche. Rund 1350 erwartete Aussteller aus 48 Ländern präsentieren dort dem Fachpublikum vom 30. August bis 2. September 2017 ihre Neuheiten für das kommende Modelljahr. Am letzten Messetag (Samstag, 2. September) öffnet die Messe ihre Tore zudem auch für das fahrradinteressierte Publikum.

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